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Sa, 09.09.2006

Sommerexkursion 2006:
Der Flimser Bergsturz

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(Prof. Dr. Wilfried Winkler, Präsident)

Vorstandsmitglied der GGZ Dr. Georg Wyssling hat diese Exkursion initiiert, da er mitverfolgt hatte, dass in den letzten Jahren von verschiedenen Wissenschaftern neue Beobachtungen und Daten zu Altersbestimmungen und Prozessen des Flimser Bergsturzes erarbeitet wurden: Dr. Andreas von Poschinger (Bayrisches Geologisches Landesamt), Dr. Susan Ivy-Och (Physikalisches Institut ETH Zürich) und Prof. Flavio Anselmetti (Geologisches Institut ETH Zürich) eröffneten uns einen genauen Einblick in die neueren Theorien zum Bergsturzereignis, welches aufgrund zahlreicher Alterbestimmungen mit ca. 9450 Jahre BP datiert werden kann Prof. Adrian Pfiffner (Univ. Bern) und Prof. Jean Schneider (BOKU, Wien) waren auch zu uns gestossen und trugen mit Ausführungen zur tektonischen Situation und bergsturzspezifischen Argumenten bei.

Die Exkursion wurde durch sehr schönes spätsommerliches Wetter begünstigt, aber das Thema alleine schon hat viele erwärmen können. Trotzdem waren wir froh über die Wetterlage, da auch viel Aussichtsgeologie auf dem Programm stand.

In Trins erhielten wir zuerst eine geografische und tektonische Uebersicht des Bergsturzes. Von Flims Gutveina aus hatten wir einen Blick über das Abrissgebiet (mit der Rutschfläche im Dros-Kalk, Fig. 1; im Hintergrund die Tschingelhörner mit Glarner Ueberschiebung). Wir erfuhren über die neueren Expositionsalter (anhand kosmogener Nukleide), welche das Bergsturzereignis zeitlich ca. zwischen 7500 und 9500 Jahren einordnen. Der Flimser Bergsturz ergoss sich nicht als Sturzstrom zu Tale sondern als Gleitmasse mit abschätzbarer interner Deformation, die im Allgemeinen von der Basis nach oben abnimmt. In Flims Waldhaus und am Caumasee (Fig. 2) erfuhren wir über die heute noch erhaltenen, nach dem Gleitereignis im Bergsturzgebiet gebildeten kleinen Seen. Die mitgebrachten Seesediment-Kerne vom Lag Grond zeigen das unterliegende Bergsturzmaterial (links in Fig. 3) und darüber die sedimentären Schichtungen der warmzeitlichen Seeablagerungen. Alterbestimmungen mit Kohlenstoffdatierungen ergeben für das Bergsturzereignis ein Zeitfenster von 9480-9430 Jahre vor heute.

Von einem Aussichtsplatz W Valendas haben wir einen grossmassstäblichen Blick über die Bergsturzmasse und erkennen in den Geländeanrissen die See- u. Deltaablagerungen des ehemaligen Ilanzer Sees (Fig. 4), welcher durch die niedergegangene Bergsturzmasse gestaut wurde. Er erreichte sein höchstes Niveau bei ca. 900 m ü.M., bevor er sich durch den Bergsturz-Damm frass und schliesslich durchbrach. In der nahe gelegenen Kiesgrube Bergli sehen wir Details von heterogenem, an Scherflächen deformiertem Bergsturzmaterial (Fig. 5). Der Fussmarsch entlang der Strasse durch den Versamer Tobel führte uns von intensiv zertrümmertem Bergsturzmaterial bis zu geringfügig deformiertem, das noch vererbte tektonische Deformationsstrukturen der Helvetischen Decken zeigt (siehe Falte in Fig. 6, rechts neben Tunnel).

Im Kieswerk Reichenau erfahren wir über die komplexe und schwierig zu erklärende Bildung der Bonaduzer Schotter, welche ein unübliches Sedimentgefüge, Entwässerungsstrukturen sowie Schollen von Bergsturz-Kalken und älteren Seesedimenten enthalten. Eine pulshafte postsedimentäre Liquefaktion von älteren Flussschottern und Bergsturzmaterial ist eine mögliche Erklärung. Der zeitliche Bezug zum Taminser und Flimser Bergsturz ist aber noch nicht stichhaltig untersucht.

Die hohe Anzahl von über 75 ExkursionsteilnehmerInnen zeigt, dass Georg Wyssling mit diesem Thema den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Viele von uns haben dabei neue Ideen kennengelernt, die zum Nachdenken anregen. Der erstmalige Einsatz eines Megaphons bei einer Exkursion unserer Gesellschaft war ebenfalls ein Glücksfall. Unsere Exkursionsführer sind in der Folge noch bildlich festgehalten.

Exkursionsprogramm zum Herunterladen

Fig. 1: Rutschfläche im Dros-Kalk
Fig. 1: Rutschfläche im Dros-Kalk

Fig. 2
Fig. 2

Fig. 3
Fig. 3

Fig. 4
Fig. 4

Fig. 5
Fig. 5

Fig. 6
Fig. 6

Fig. 7a: Susan Ivy-Och und rechts kniend Andreas von Poschinger
Fig. 7a: Susan Ivy-Och und rechts kniend Andreas von Poschinger

Fig. 7b: Flavio Anselmetti und Georg Wyssling (mit Megaphon)
Fig. 7b: Flavio Anselmetti und Georg Wyssling (mit Megaphon)

 
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letzte Aktualisierung: 21.09.2006