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Fr, 05.05.2006

Frühjahrsexkursion 2006:
Guber Steinbruch Alpnach: Sandsteine von der Tiefsee in die Stadt

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(Prof. Dr. Wilfried Winkler, Präsident)

Das Wetter war uns nicht gut gesinnt an diesem Tag. Die ersten Regentropfen fielen genau zum Zeitpunkt der Abfahrt mit dem Car vom Busbahnhof Sihlquai. Pünktlich 10:00 h erreichten wir den Steinbruch oberhalb Alpnach. Nach der Begrüssung durch Herrn Kurt Herrmann, Geschäftsführer der Guber Natursteine AG, erhielten wir von ihm einen historischen Überblick über die Entwicklung des Abbaues seit dem Jahr 1904. Durch die Mithilfe des Kantons bei der Beseitigung der "Altlasten" , d.h. den teilweisen Abtrag der rutschgefährdeten Abraumhalden im Tal der Grossen Schliere, konnte im Jahr 1985 die Guber Naturstein AG den Betrieb aufnehmen. Dann führten uns Herr Herrmann und Herr Wiederkehr durch die Produktionsstätte. Wir konnten die Produktionskette von der Gewinnung der grossen Blöcke über die Zerkleinerung bis zur Feinbearbeitung verfolgen. Hauptprodukt ist und bleibt der Plasterstein, der sich durch sehr hohe Druckbelastungswerte auszeichnet, aber auch viele Spezialanfertigungen, die durch maschinelle und handwerkliche Behandlung geformt werden. Der Betrieb ist technisch hervorragend ausgerüstet und hat noch für 40 Jahre bekannte Reserven.

Den mitgebrachten Lunch verzehrten wir im Wirtschaftsgebäude des Steinbruchs und tranken von der Firma offerierte Getränke. Es regnete immer noch. Im Anschluss gab uns Herr Dr. Peter Eckhardt einen schönen Überblick über die Arten und die historische Entwicklung der Pflästerung. Neben praktischen Vorteilen zur Befestigung und Reinhaltung von Strassen und Plätzen, hat sie natürlich mit ihrer Musterung grosse ästhetische Werte.

Im Anschluss gab Herr Prof. W. Winkler einen Überblick der geologischen Aspekte der abgebauten tertiären Flyschsandsteine: die Entstehung der Bankung durch kurzzeitige Schüttungen (in Stunden und Tagen) aus Turbiditen (gravitativen Suspensionsströmen), die sich aus Rutschungen in submarinen Canyons entwickelt haben. Gegen die Beckenboden wurden die Ströme immer mehr verdünnt und feiner. Als Baustein werden die massigen, dicken Turbiditbänke abgebaut, welche sich aus proximalen, hochkonzentrierten (laminaren) Strömen ablagerten. Der Tiefseegraben lag in grosser Wassertiefe ( ca. 3000 m), da die zwischengeschalteten pelagischen Tone karbonatfrei sind. Die vielfach wiederholte Turbiditsedimentation führte zur Ausbildung von Turbiditfächern, deren Lithologie und Architektur durch tektonische und klimatische Einflüsse in den Liefergebieten gesteuert wurde. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die geologische Häufigkeit der Schüttungen. Aus der Extrapolation der Anzahl von Turbiditbänken in vermessenen Profilstücken über die Zeit in Millionen Jahren kann eine durchschnittliche Frequenz von 2'000 15'000 Jahre der Schüttungsereignisse geschätzt werden. Zur Zeit der Formation des Gubersandsteins (spätes Paläozän) herrschten relativ ruhige tektonische und kühle/trockene klimatische Verhältnisse, was sich in einer niedrigen Sedimentationsrate und langen Pausen zwischen den Schüttungsereignissen niederschlug.

Im anschliessenden (regenfreien!) 2-stündigen Zeitfenster konnten die 52 TeilnehmerInnen die theoretischen Ausführungen im oberen Steinbruch nachvollziehen: dünne und dickbankige Turbiditfazies, einen vertikalen durch die Kompaktion gestauchten Sandsteingang, Bankmächtigkeitszyklen durch seitlich migrierende Liefer-Rinnen, Kompaktionsphänomene und Lebensspuren (inkl. einen riesigen Zoophycos).

Einzelne TeilnehmerInnen nutzten die verbleibende Zeit noch, um im Projektionsraum der Firma einen Teil des Dokumentarfilms "Guber-Arbeit am Stein" (1979) anzusehen. Sehr eindrücklich die Präzision, mit welcher der Stein damals noch von Hand geschlagen wurde.

Bei der Abreise mit dem Car setzte der Regen wieder ein. Der Tag hat die Spötter unter den Geologen wieder bestärkt: "Wenn man in den Flysch geht, regnet es".

Wir danken den Vertretern der Guber Naturstein AG herzlich für ihre Gastfreundschaft und die interessanten Einblicke in die Produktion.

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Kompaktionsphänomene und Lebensspuren (inkl. einen riesigen Zoophycos)
Kompaktionsphänomene und Lebensspuren (inkl. einen riesigen Zoophycos)

 
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letzte Aktualisierung: 21.09.2006